Wie tönt der Norden?
Junger Kammerchor in der Leonhardskirche
Stuttgarter Nachrichten, 20.06.2001
"Im Norden" wollten Jochen Woll und der Junge Kammerchor Baden-Württemberg ihr Konzert programmatisch angesiedelt wissen. Da erklangen in der Leonhardskirche Werke von zeitgenössischen Komponisten der Ostsee-Anrainerstaaten.
Nicht alles erwies sich dabei als wahre Entdeckung; so wirkte das "Te Deum" des Finnen Pekka Kostiainen etwas langatmig, erschienen die gewollte harmonische Würze, die jazzige Rhythmik und die gesprochenen Passagen in Michael Bojensens "Pater Noster", aber auch die Melidiosität in Vytautas Miskinis "Cantate Domino" doch etwas anbiedernd.
Doch der Junge Kammerchor, ein 21-köpfiges Ensemble bestens geschulter, homogener und tragfähiger Stimmen folgte allen Anforderungen, seien es rhythmische Kontur, aufblühende Melodik oder harmoniale Präsenz mit lebendiger Wendigkeit und punktueller Genauigkeit. Schlicht und zart und im besten Sinne "religiös" gelang ihm Arvo Pärts "Magnificat", eine gewaltige dynamische Kurve voller emotionaler Erregung vermochte er in Pendereckis "Agnus Dei" nachzuzeichnen. In Knut Nystedts "Laudate Dominum" hingegen entwickelte das Ensemble klangliche Pracht und gab in dem hochachtbaren Stück "Immortal Bach" des gleichen Komponisten einen Ausdruck von unendlicher Ruhe. Hier stellt Nystedt dem Eingangsvers eines vierstimmigen Bach-Chorals seine eigene "sezierende" Sichtweise dieses Chorals mit fast stehenden, nur minimal fortschreitenden und in langem Atem dynamisch abebbenden Cluster-Klängen gegenüber.
Thomas Bopp