Klang, scharf und klar gezeichnet
Junger Kammerchor singt Bach
Stuttgarter Nachrichten, 26.03.2003
Eine Überfülle musikalischer Gedanken und einen beträchtlichen Aufwand an polyfoner Kunst enthält Bachs h-Moll-Messe. Ihr Schwergewicht liegt in den Chören, die den Grundgehalt und die Glaubenstiefe des alten Messetextes in beredte Töne wandeln.
Keine leichte Aufgabe für ein Ensemble wie den Jungen Kammerchor Baden-Württemberg, der jetzt des Thomaskantors großes Spätwerk in der Leonhardskirche präsentierte. Die gut disponierte junge Sängerschar zeigte sich dort in den vornehmlich getragenen, bekenntnishaften Chören sowohl stimmlich als auch dynamisch von ihrer besten Seite - bis hin zum "Dona nobis pacem" als unaufdringlich flehendem, ganz und gar aktuellem Bittgesang.
Flüssig und weit gehend filigran ertönten "Gloria" und "Osanna". Eher überbetont erschien das wie gehämmert intonierte "Crucifixus", und in den ausschweifenden Koloraturen des "Et resurrexit", leicht überzogen im Tempo, drohten gelegentlich die Konturen zu verwischen. Überdies störte hier die dem Bass-Solisten anvertraute Unisono-Passage "Et iterum venturus est" den organischen Ablauf ganz erheblich.
Béela Müller (Mezzosopran) gestaltete ihre Soli ("Agnus Dei"!) im Ausdruck mit sparsamen Mitteln, dabei ganz der Wirkung ihrer schlanken, schön geführten Stimme vertrauend. Weniger Profil zeigten die weiteren Vokalsolisten Jeanette Bühler (Sopran), Bernhard Gärtner (Tenor) und Dominik Wörner (Bass). Unter Jochen Wolls engagiertem Dirigat verschmolzen die besonders charakteristischen, scharf und klar zeichnenden Klänge des Barockorchesters "L'arpa festante" aus München mit den Chor- und Solostimmen meist zu einer Klarheit ohne Härte, ohne überscharfes Detail.
(Dietrich Röder)