Von großer Klangschönheit
Der Junge Kammerchor Baden-Württemberg mit Chormusik zu Psalmtexten
Heidenheimer Zeitung, 28.05.2005
Die Versuchung war enorm, am sommerlichen Donnerstagabend auf dem Weg zur Michaelskirche beim Eiscafé hängenzubleiben. Wer aber dem widerstand, wurde mit einem exquisiten Chorkonzert belohnt. Der Junge Kammerchor Baden-Württemberg bot mit "Cantate Domino" einen spannungsreichen Konzertabend mit Chormusik zu Psalmtexten aus vier Jahrhunderten.
Mit Andrea Gabrielis "Jubilate Deo" zeigten die Sängerinnen und Sänger aus ganz Baden-Württemberg stimmliche Reife und gestalterische Kompetenz. Der warme Glanz der Sopranstimmen, die lichten Alt-Partien, aber auch klangschöne Tenorte und subtil agierende Bässe begeisterten nicht nur hier mit sauberen Kadenzen und dichter Textnähe. Chorchef Jochen Woll arbeitete mit sprasamen Gesten und bot ein einfühlsames wie forderndes Dirigat. Der anspruchsvolle, polyphone Stil in Heinrich Schütz' "Jauchzet dem Herrn" wurde in der Darbietung verdeutlicht. Dazu kam das "Echo" von Choristen auf der Empore. Samuel Scheidts "Lobet den Herrn auf Erden" glänzte mit lautmalerischen Elementen wie bei "Feuer, Hagel, Schnee und Dampf". Geschickt arbeitete der Chor den poetischen Ausdruck und die melodische Glut des Stücks heraus, was auch bei Hugo Distlers "Singet dem Herrn" deutlich wurde. Die durchsichtige Klangschönheit dieses vierstimmigen Chors und die Distler-eigene herbe Chromatik wie volkstümliche Vokalität kam in der Aufführung durch den Chor angenehm zur Geltung.
Als weiterer Glanzpunkt des Abends erschien Francis Poulencs "Exultate Deo". Der Chor verstand es hier, die Klangsprache Poulencs mit ihrer Farbigkeit und Feingliedrigkeit gekonnt darzustellen. Freitonale Elemente und anrührende Klangschönheit wurden mit präzisem Schwung sauber gesungen. Eine glückliche Hand bewies Chorleiter Jochen Woll mit der Programmumstellung, als er die Chor-Schwergewichte an den Schluss de Abends stellte. Felics Mendelssohn-Bartholdys "Jauchzet dem Herrn" erklang mit strahlenden, offenen Sopranstimmen, die auch weitgehend die Melodieführung übernahmen, und lyrisch gefärbten Tenören. Die Bässe beeindruckten durch Reinheit und fielen nicht ins Baritonale ab. Der romantische Schmelz dieses ungemein wohlklingenden Stückes mit seinen Melismen kam hier deutlich zum Ausruck. Mit Spannung erwartet wurde "Singet dem Herrn ein neues Lied" von Johann Sebastian Bach. Die akkordischen Viertel-Rufe "Singet" waren ebenso ein Glanzpunkt wie das Zusammentreten in die Achtstimmigkeit bei "Israel freue sich des, der ihn gemacht hat". Das dramatische Alternieren der Chöre bei "Gott, nimm dich ferner unser an" gelang dem Chor auf beeindruckende Weise. Die kurze, brillante Fuge am Schluss "Alles, was Odem hat" erklang mit atemberaubender Dramatik. Obwohl danach eigentlich nichts mehr kommen konnte, verabschiedete sich der sympathische junge Chor mit Knut Nystedts "Laudate Dominum". Die mitwirkenden Heidenheimer Doris Elsenhans, Theodor Schaumlöffel und Tobias Wacker sollen hier stellvertretend für die Choristen stehen, die alle ihre Sache glänzend gemacht haben.
Hans-Peter Leitenberger