Massivität vermeiden
Junger Kammerchor Baden-Württemberg in der Leonhardskirche
Stuttgarter Nachrichten, 06.12.2005
Bach wollte das Weihnachtsoratorium durch den fortlaufenden Evangeliumstext der Form eines Oratoriums annähern, schuf dann aber eine Folge von sechs eigenständigen Kantaten, die sich bei der Aufführung frei kombinieren lassen. Jochen Woll wählte für den Jungen Kammerchor in der Leonhardskirche die Kantaten I sowie IV bis VI aus und setzte gleich Maßstäbe im diesjährigen Oratorienreigen.Der Junge Kammerchor zeigte sich flexibel im Ausdruck und stimmlich geschmeidig, das Münchner Barockorchester L"Arpa festante erreichte ein transparentes Klangbild mit artikulatorisch prägnanter Durchzeichnung. Die Vokalsolisten (Monika Mauch, David Erler, Andreas Weller, Ekkehard Abele) brachten ihren stimmlichem Glanz mit Feingefühl in eine durchdachte und lebendige Gestaltungsweise ein.Woll umschiffte Klippen des Werks, vermied im diffizil ausphrasierten Eingangschor der 1. Kantate ("Jauchzet, frohlocket") ungezügelte Massivität und konnte den Eröffnungschor der 5. Kantate ("Ehre sei dir, Gott, gesungen") erstaunlich locker halten und vor Knalligkeit bewahren. Jedem Choral gab er einen individuellen, dem Textgehalt sensibel nachspürenden Charakter. Andreas Weller als Evangelist war ein nuanciert vorgehender Erzähler und lenkte alle Aufmerksamkeit auf Bibeltext.
Von Thomas Bopp