Aufgeklärter Blick auf den Bibelstoff
Stuttgarter Nachrichten, 11.04.2007
Johann Sebastian Bachs erfolgreichster Sohn Carl Philipp Emanuel spielt im heutigen Konzertleben zu Unrecht nur eine Nebenrolle, wie das Konzert des Jungen Kammerchors Baden-Württemberg in der Leonhardskirche bewies.
Die an den Beginn gestellte Osterkantate BWV 145 des Vaters machte den direkten Vergleich möglich: Während für den Senior die musikalisch-rhetorische Textausdeutung im Mittelpunkt stand, setzte der Junior den Bibelstoff in seinem Oratorium "Auferstehung und Himmelfahrt Jesu" spielerischer, luzider, aufgeklärter um. Empfindsame Melodik, Überraschungsharmonik und eine plastische Ausgestaltung des Orchesterparts machen das Werk zu einem Ohrenschmaus, auch wenn die Interpretation Wünsche offen ließ. Denn der Junge Kammerchor zeigte unter der Leitung seines Gründers Jochen Woll zwar sein Potenzial in puncto sauberer Intonation und fein differenzierter Dynamik. Es mangelte aber an Textverständlichkeit und an Emphase, so dass in den "Triumph"-Chören trotz Pauken und Trompeten wenig zu spüren war. So kam das Chorfinale eher als Wanderlied denn als Schlussapotheose daher. Während die Gesangssolisten Sabine Goetz (Sopran), Hans Jörg Mammel (Tenor) und Matthias Horn (Bass) ihre Arien und Rezitative mit Gefühlen und Spannung füllten, gelang dem Münchner Barockorchester L’arpa festante wenig Vergleichbares. Es fehlte an Spielfreude, auch die solistischen Leistungen überzeugten nicht.
(Verena Großkreutz)