Gleichmaß und Raffinesse
Der Messias" unter Kurz und Woll
Stuttgarter Nachrichten, 11.12.2007
Unter der Leitung von Dieter Kurz konnte man den "Messias" in der Domkirche St. Eberhard und tags darauf unter der Leitung von Jochen Woll in der Leonhardskirche hören. Dieter Kurz stützte sich dabei auf seinen Württembergischen Kammerchor und das von Wolfgang Rösch angeführte Ensemble Stuttgart. Jochen Woll hatte seinem Jungen Kammerchor Baden-Württemberg das Münchner Barockensemble "L"Arpa Festante" beigeordnet.
Dabei war Dieter Kurz zwar an einer deutlichen Strukturierung des Instrumentalsatzes gelegen, seine animierenden Impulse setzte das Ensemble aber nicht mit dem wünschenswerten Elan um. Das so entstehende pauschalierende Gleichmaß verhinderte die Durchleuchtung der Details. Der Württembergische Kammerchor zeigte sich strahlkräftig und stimmlich gut ausbalanciert, er vermochte Händels Figurationen locker sprudeln zu lassen, doch er differenzierte nicht genug und blieb in seiner Interpretation steif und unflexibel. Die Solisten, allen voran die ihre Stimme makellos führende Marlis Petersen (Sopran), nicht minder aber auch der seine vokalen Mittel variabel einsetzende Michael Volle (Bass), ebenso Julius Pfeifer (Tenor) und Kathrin Koch (Alt) zeigten sich gestalterisch agil.
Trotzdem eröffnete sich in Wolls "Messias"-Aufführung eine ganz andere, um ein Vielfaches lebendigere Ausdruckswelt. Da bildeten die in der historischen Musizierpraxis bewanderten Vokalsolisten, die stimmlich silberglänzende Monika Mauch (Sopran), der balsamisch weich modellierende David Erler (Altus), der rhetorisch spannungsreich ausformulierende Andreas Weller (Tenor) sowie der stimmkräftige, dabei ungemein feinsinnig gestaltende Dominik Wörner (Bass) den Notentext fesselnd ab. Der Junge Kammerchor zeigte sich gestalterisch reaktionsschnell und differenzierungsfreudig. Ein besonderes Plus war das Orchester, das den Instrumentalsatz raffiniert und plastisch ausleuchtete. Besonders überzeugte die genauestens überdachte Übereinkunft der Instrumentalisten mit den Vokalisten - eine hoch sensible Wechselbeziehung.
(VON THOMAS BOPP)