Stuttgarter Nachrichten, 06.12.2011

Benjamin Britten hatte als junger Mann seine ganz eigene Sichtweise auf das Weihnachtsgeschehen. In seiner auf alten Texten aus dem 15. Jahrhundert fußenden Kantate "A Boy Was Born" ist vergleichsweise wenig zu hören vom lieblichen Kind in der Krippe, Britten betrachtet in seinem A-cappella-Chorwerk mehr die Nachwirkungen von Jesu Geburt. Da wird in seiner als Thema mit Variationen strukturierten Komposition schon gleich von Anbeginn dem von Maria gewiegten Jesuskind in den Mund gelegt, dass es weine, weil es den Jammer vor Augen habe, den es ertragen müsse, bevor es die Menschheit erlösen könne.
Der Junge Kammerchor Baden-Württemberg hat das umfangreiche und selten zu hörende Werk nun in der Leonhardskirche zur Aufführung gebracht. Im eingangs choralartig angelegten Thema mit seiner dynamisch weit ausholenden Bogenform und auch beispielsweise in der dritten Variation mit Jesu-Anrufung "Jesu, save us all through thy virtue" überzeugte das Ensemble unter der Leitung von Jochen Woll mit der nötigen Wärme und Zartheit der Tongebung. In Momenten geforderter dramatisch gewichteter Wendung hätte der Chor dagegen mit noch mehr Nachdruck agieren müssen. Auch den durchaus differenziert angegangenen und mit sprachlicher Schärfe des Textausdrucks durchgezeichneten Schütz-Motetten zu Beginn hätte eine noch zupackendere Gestaltungsweise gutgetan.

(Von Thomas Bopp)