Mit außergewöhnlicher Strahlkraft
Kammerchor Baden-Württemberg und Peter Lehel Quartett im Sandkorn
Badische Neueste Nachrichten, 29.05.2019
Es ist ein außergewöhnliches Programm mit außergewöhnlicher Strahlkraft, das die beliebte Reihe „Hemingway Lounge goes Sandkorn“ an diesem Abend für das Publikum bereithält. Das Peter Lehel Quartett und der Kammerchor Baden-Württemberg unter der ansteckend fröhlichen und passionierten Leitung von Jochen Woll haben sich zusammengetan für Peter Schindlers „Missa in Jazz“ sowie Peter Lehels achtteilige Komposition „Song of Praise“ für gemischten Chor, Saxofon, Piano, Bass und Perkussion.
Die Musikerinnen und Musiker, die nach einem Auftritt in Stuttgart-Hedelfingen tags zuvor bestens „eingegroovt“ wirken und eine tolle Leistung abliefern, widmen sich mit viel Begeisterung und Drive der zeitgemäßen klanglichen Umsetzung christlichen Ausgangsmaterials. Diese wirkt trotz ihrer anspruchsvollen Harmonik sowohl im Stimmsatz als auch bei der Band sowie der prägnant akzentuierten und oft synkopierten Rhythmik überraschend zugänglich und intuitiv erfahrbar. Kein Wunder, dass immer wieder Zwischenapplaus aufbrandet und am Ende eine Zugabe fällig wird.
Schindlers 2001 uraufgeführte „Missa in Jazz“ steht in der Tradition der „klassischen“ Messvertonungen und verleiht dieser durch ihren Crossover-Ansatz einem neuen Dreh. Zugrunde liegt der lateinische Text der katholischen Liturgie, der in eine moderne, mehrheitlich im Jazz verwurzelte Tonsprache überführt wird – jedoch nicht, ohne ebenfalls Elemente aus Gregorianik, Barock und Romantik mit einzubeziehen. Die daraus resultierenden Wendungen und Kontraste zwischen stillen, geradezu meditativ wirkenden Passagen, spannungsgeladenem Aufruhr und schierer
Ekstase stellen die Worte noch eindringlicher dar.
Lehels vielschichtiges Werk „Song of Praise“, erstmals 2011 im Straßburger Münster zu hören, basiert auf dem Hohelied Salomos in der englischen King-James-Übersetzung aus dem 17. Jahrhundert (Bearbeitung: Eva Lichtenberger). Die gewohnt stark aufgestellte Band nutzt bei der Ausgestaltung auch vielfältige Improvisationsmöglichkeiten, spielt mitreißende Soli und symbolisiert im Zusammenklang wie im Wechselspiel mit dem Chor musikalisch das Geben und Nehmen zwischen den Liebenden.
[Elisa Reznicek]